Apfelweinkeltern und “Workshoppen”: Ein Tag im Zeichen des goldenen Saftes
Liebe Streuobstwiesenfreunde,
am 23.08.2025 hatten wir die Gelegenheit, an einem ganz besonderen “Workshoppen” teilzunehmen: Wir verbrachten einen ganzen Tag mit dem Apfelweinkeltern beim Landschaftspflegeverband Main-Kinzig-Kreis (LPV)!

Der Weg zum perfekten Apfelwein: Ein Tag voller Praxis und Theorie
Der Apfelweinkurs des LPV Main-Kinzig-Kreis bot einen tiefen und praxisnahen Einblick in die Kunst des Kelterns. Unter der Leitung von Matthias und Daniel wurde der gesamte Prozess, von der Ernte bis zur Vermarktung, verständlich erklärt.
Einführung in die Welt des Apfelweins (Matthias)
Matthias führte in die Geschichte des Apfelweins ein und betonte die zentrale Rolle der Streuobstwiesen. Er beleuchtete die verschiedenen Vermarktungswege – von der Flasche bis zur Bag-in-Box – und gab Tipps zur Entwicklung einer eigenen Marke.
Apfelweinherstellung: Von der Frucht zum Getränk (Daniel)
Daniel widmete sich dem praktischen Prozess und gab wertvolle Tipps für Hobbykelterer:
Der richtige Apfel: Ein guter Apfel für Apfelwein ist vor allem sauer. Tafeläpfel sind aufgrund ihres hohen Zucker- und geringen Gerbstoffgehalts ungeeignet, da sie dem Wein kein Volumen verleihen. Einen zu geringen Gerbstoffgehalt kann man durch die Zugabe von Speierling (1-3 %) verbessern. Darüberhinaus kann man den Saft und damit schließlcih auch den Wein durch die Zugabe von Quitten, Birnen oder auch Beeren geschmacklich variieren. Ein Tipp ist die Zugabe von 1-3% Speierling oder Quitte. Ein geringer Säuregehalt und ein niedriger pH-Wert sind wichtige Qualitätsmerkmale.
Reifegrad der Äpfel erkennen: Der Übergang von Stärke zu Zucker kann mit einer Jodprobe aus der Apotheke getestet werden. Dazu wird die Schnittfläsche des Apfels mit der Lösung beträufelt. Verfärbt sich die braune Flüssigkeit blau/grau, ist der Apfel noch unreif.
Verarbeitung der Äpfel:
Waschen: Die Äpfel müssen gründlich gereinigt werden.
Mahlen: Das Mahlgut muss fein genug sein, um eine hohe Saftausbeute zu garantieren, aber die Kerne dürfen nicht zerstört werden, da dies Bitterstoffe freisetzt.
Pressen: Daniel erklärte die Funktionsweise einer Hydropresse für den Privatbereich. Nach dem Pressen sollte der Saft über Nacht klären. Vor dem Entschleimen sollte der Saft probiert und gegebenenfalls mit anderen Säften gemischt werden.
Ausbau & Lagerung:
Fässer: Wichtig ist, die Fässer randvoll zu halten, um Sauerstoff fernzuhalten. Immer-Voll-Fässer oder Druckfässer mit CO2-Befüllung sind ideal. Daniel gab zudem Tipps zu Bezugsquellen für Fässer.
Ablauf: Um pelzigen Geschmack zu vermeiden, kann bei zu vielen Gerbstoffen am Ende der Ausbauphase nochmals Gelatine und Kieselsol hinzugefügt werden.
Saft optimieren:
Entschleimen: Das Absetzenlassen ist der erste Schritt. Wenn der Saft beim Umfüllen schäumt, ist er zu reich an Eiweißen.
Unerwünschte Stoffe entfernen: Durch Zugabe von Bentonit beim Umfüllen können Eiweiße entfernt werden. Pflanzliche Aktivkohle hilft bei der Beseitigung von Fäulnis- oder Fehlgeschmack.
Klären: Gelatine und Kieselsol werden zur Klärung verwendet (erkennbar an Schlierenbildung).
Gärung: Eine langsame Gärung bei 5-10°C über mehr als einen Monat wird empfohlen. Der Prozess kann durch regelmäßiges Testen unterbrochen werden. Eine CO2-Schicht schützt den Wein dabei.
Hefe: Wildhefen sorgen für einen milden Apfelwein, benötigen aber länger und erreichen nur ca. 3,5% Alkohol. Reinzuchthefen führen zu einem säuerlicheren Geschmack, der mit der Zeit besser wird, machen den Wein länger haltbar und ermöglichen einen höheren Alkoholgehalt von 6-8%.
Ablauf: Geklärter Saft wird geschwefelt, dann ein bis zwei Tage stehengelassen, bevor die Hefe hinzugefügt wird.
Exkurs Apfelbrand & Restsüße:
Bei der Herstellung eines Apfelbrandes ist es wichtig, geschwefelten Apfelwein vor dem Brennen mit Kupfersulfat zu entschwefeln. Für Apfelbrand wird geschwefelter Apfelwein mit Kupfersulfat entschwefelt. Um einen restsüßen Apfelwein zu erhalten, wird der Wein vor Abschluss des Gärprozesses von der Hefe gezogen und auf Bügelflaschen abgefüllt oder im Ciderfass mit Druck gelagert. Dadurch kann die Gärung nicht wieder in Gang kommen und der Restzucker bleibt erhalten. Restsüße kann durch Druck in der Flasche oder im Ciderfass (ca. 3 bar) erhalten bleiben. Das Abziehen der Hefe zu gegebener Zeit ist wichtig, da diese Säure abbaut, was gut für den Geschmack ist. “Der bleibt auch nicht zwischen den Zähnen hängen” ist ein Zeichen für einen gelungenen Apfelwein. Abschließend gab Daniel den Tipp mutig zu sein und einfach auszuprobieren. Solange man diese “Experimente” auf kleine Mengen (Ballons mit 5 oder 10 l) beschränkt, ist ein Misserfolg auch zu verkraften.
Der krönende Abschluss fand sich in Daniels Keller mit der Verkostung seiner Weine (unterschiedliche Jahrgänge, sortenreine Weine) und eines Secco.

Ein herzliches Dankeschön an Daniel und Matthias für diesen tollen Tag!